Mit AMERICAN GODS erschuffen die Filmvisionäre Bryan Fuller und Michael Green ein Meisterwerk in Serienform. Die Adaption von Neil Gaimans vielfach ausgezeichneten, gleichnamigen Bestseller weiß sowohl die Zuschauer als auch Kritiker mit beeindruckenden Bildern, einer herausragenden Besetzung und pointiert-ironischen Dialogen in ihren Bann zu ziehen.

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Was bisher geschah…
Als Shadow Moon (Ricky Whittle) nach dem tragischen Tod seiner Frau aus dem Gefängnis entlassen wird, trifft er auf den geheimnisvollen Mr. Wednesday (Ian McShane) und nimmt eine Stelle als sein Bodyguard an. Schnell findet er sich in einer verborgenen, magischen Welt wieder, in der die alten Götter an ihrer zunehmenden Bedeutungslosigkeit leiden, weil neue Götter immer mächtiger werden. Gemeinsam begeben sie sich auf einen Roadtrip quer durch Amerika, um die alten Gottheiten im Kampf zu vereinen und ihren Ruhm wieder herzustellen …
So geht es weiter…
Die Schlacht zwischen den alten und neuen Göttern steuert unaufhaltsam auf ihren Höhepunkt zu. Nach dem epischen Showdown der letzten Staffel kollidiert ihr Schicksal mit dem der Menschheit. Während Mr. World (Crispin Glover) auf Rache sinnt, schlägt sich Shadow endgültig auf die Seite Wednesdays, der alles daran setzt, die alten Götter von seinem Feldzug zu überzeugen. Doch in dieser mysteriösen Welt der lebendigen Götter verlangen Hingabe und Glaube nach einem schrecklichen Opfer…
Kritik
Die Götter der alten Welt im Kampf gegen die medial erschaffenen Götzen, die nach mehr Macht und Einfluss streben. Ein so undurchsichtiges Werk, wenngleich unverschämt visionär, hätte eigentlich niemals den Weg aus dem Buch in eine Serie finden dürfen. Zu komplex, schräg, durcheinander und verrückt war ein Scheitern vorprogrammiert. Aber Bryan Fuller und Michael Green hörten nicht auf die Stimmer der Vernunft und wagten den Schritt ins Ungewisse, geblendet von einer beispiellosen Geschichte. Die Faszination einen Geniestreich in der überfrachteten Serienlandschaft zu platzieren, besaß eine derart perverse Dynamik, dass uns allen schnell klar wurde, was seit 2017 auf Amazon Video so freudig und exzessiv über dem Bildschirm flimmert.
Es wirkt schon ziemlich grotesk, wenn sich die facettenreichen Protagonisten in schier unendlichen Längen durch Amerika vorarbeiten, und die Stimmung plötzlich brutal umschwenkt. In einer Gewaltorgie entlädt sich dann der ganze Hass und Zorn. Eingefangen in wunderschönen Bildern, jedes Frame ein Manifest für die Sinne, offenbart AMERICAN GODS seine ganze Pracht. Die erste Staffel kam man als Meilenstein bezeichnen. Mut und Fakten so in Einklang zu bringen und folglich die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, gehört beklatscht. So ergänzt sich alles und fesselte mich ohne Verschonen an den Sessel. Gerade für mich als großer Ian McShane-Fan hatte ich große Freude daran, dem charismatischen Briten bei Spielen zuzusehen. In Kooperation mit einem haltlosen Ricky Whittle genau das Gespann, was mich kurioserweise stark an Green Book erinnert – auch wenn die Ausgangslage und Botschaft Apfel und Birne sind, so ergaben sich für mein Auge doch Parallelen. Wohl eher ungewollt und wohl auch eher mein Interpretationsansatz bzw. mein Verständnis.
Nach diesem sensationellen Erfolg kam ich somit nicht drumherum, auch die Staffel 2 in seiner ganzen Fülle zu sehen. Ein bisschen brachte mich der Höhepunkt des Götterdisputs wieder auf den Boden der Tatsachen. Der vielversprechende Vibe, der einzigartige Look und die gesamtheitliche Qualität haben abgenommen. Ist die Euphorie dahin? Noch immer wissen die neuen acht Episoden zu begeistern und dennoch verschenken sie so viel Potential auf final den Serienolymp zu erklimmen. Die Schauspieler überzeugen nach wie vor, doch siegt wieder einmal “style over substance”. Inhalt ergeben sich wenige Möglichkeiten einen tieferen Draht zur Geschichte aufzubauen. Bekanntermaßen leiden Fortsetzung im Film- und Serienbereich gerne an Ausfallerscheinungen, gerade dann, wenn sie nur ein Bindeglied zu folgenden Abenteuer darstellen. Eine dritte Staffel ist im Gespräch, was Sinn ergibt und mit großer Wahrscheinlichkeit der zweiten Staffel mehr Gehalt und Logik verleihen wird. Während die ersten Auftritte dieser visionären Serie probieren, studieren und applaudieren waren, so verkommt die Begeisterung zu einer seichten Overation im Schlaf der Gerechten. Die Hoffnung ruht auf die Fortsetzung, in der alles eins wird und Staffel 2 nachrückt zu einem logischen und anmutigen Beitrag.
Fazit: 1. Staffel legendär, 2. Staffel ruht sich zu sehr auf sein Vorspiel aus, statt konsequent einen Schritt nach vorne zu treten. Die neuen Episoden sind da und werden ihre Aufgabe im weiteren Verlauf der Serienreihe aber dennoch vollenden. Für Fans dieser schrägen Odyssee wird es auszuhalten sein, wenn ihre geliebten Helden nicht mehr ganz das Feuer der ersten Stunde versprühen und vielmehr einen rein funktionalen Wert besitzen. Sie werden nachsichtig sein, denn sie wissen meist, was kommt – wie ich eben auch. Abstriche sind bei dieser Messlatte normal und vertretbar, sie bewegen sich im Rahmen. Schmerzlich wird es nicht. Zufriedenheit durfte sein und freue mich somit, wenngleich die kritischen Stimmen dramatisch zugenommen haben, nach wie vor auf einen Showdown.
Originaltitel: American Gods Produktionsland/-jahr: US 2017 Laufzeit | Folgen: 480 min + 427 min | 16 Episoden in 2 Staffeln Genre: Drama, Mystery Idee: Bryan Fuller, Michael Green Musik: Brian Reitzell, Danny Bensi, Saunder Jurriaans Kamera: Darran Tiernan, Tico Poulakakis, Jo Willems Dt. Erstausstrahlung: 1. Mai 2017 (1) | 11. März 2019 (2) jeweils auf Amazon Video Home Entertainment: 27. Juli 2017 | 11. Juli 2019 Verleih: STUDIOCANAL
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