Shedworks und Raw Fury veröffentlichen mit SABLE eines der wohl kunstvollsten Open-World-Abenteuer, die die Videospielwelt bis dato gesehen hat. Gespickt mit zahlreichen Besonderheiten entdecken wir – mit dem Original-Soundtrack von Japanese Breakfast im Rücken -, eine Welt, in der der Spieler das Tempo bestimmt.
Zum Spiel
Test
Ecken und Kanten können bei einem Spiel wirklich nerven, doch im Fall von SABLE ist es ein Alleinstellungsmerkmal. Bis zum Release habe ich nichts davon mitbekommen, bis mich eine Pressemittelung darauf aufmerksam gemacht hat. Allein der Trailer sorgte bei mir für ein “Wow!”. Doch sinnierte ich lange darüber, ob mich diese einzigartige Optik auf die Dauer nicht stören könnte, schließlich waren meine Augen an ein anderes Spielerlebnis gewöhnt. Aber ich gab dem Ganzen eine Chance und bereut habe ich es nicht. Das englische Entwicklerstudio Shedworks hat hier wohl eines der beeindruckendsten Videogames der letzten Jahre auf die Beine gestellt. Wenngleich das Spiel durch einen einmaligen visuellen Stil besticht, so kann die Welt tatsächlich wenig Spektakuläres bieten. Aber bei einer zeitlosen Entdeckungsreise braucht es das auch kaum, denn nicht nur die Hauptfigur schreitet zur Selbstfindung, sondern auch der Spieler.
Sable ist Mitglied des nomadischen Stammes der Ibexii und muss sich an der Schwelle zum Erwachsenwerden dem alten Ritual des „Gleitens“ stellen. Die Einführung ist unaufgeregt und bereitet uns ohne einleitendes Feuergefecht oder Gegneranalyse auf die spirituelle Reise vor. Es gilt dabei, anderen Menschen zu helfen, Abzeichen zu verdienen und schließlich Masken zu sammeln, die jeder Mensch trägt. Die Erkundung der Wüstenwelt steht im Fokus und erfolgt sowohl durch das Verfolgen von Quest-Zielen als auch Markierungen, die sich an interessanten Orten in der Welt setzen lassen. Neben unseren treuen Gleiter ist die Fortbewegungsart Nummer Eins vor allem klettern. Nahezu alle Strukturen (abgesehen von metallischen Oberflächen) lassen sich erklimmen. Dabei muss der Spieler aber immer den Ausdauerbalken im Blick behalten, denn die Kondition ist nicht endlos. Immerhin kann die Ausdauer durch das sammeln spezieller Objekte ausgebaut werden. Auch der Gleiter kann angepasst werden. Während Sable aber durch ihre Erweiterungen einen Nutzen davon zieht, sieht am Ende des Tages der Gleiter lediglich nur schöner aus. Einen Vorteil im Spiel haben wir dadurch nicht. Der Gleiter ist so etwas wie unser Pferd in der weiteren Prärie. Mit ihm können wir große Distanzen überwinden und sogar rufen. Er findet immer den Weg zu Sable – schwebend und mit einem charakteristischen Sound ausgestattet.
Inhaltlich ist Sable kaum herausfordernd. Fallschäden, Kämpfe oder anspruchsvolle Rätsel gibt es nicht. Vielmehr lädt es zum Nachdenken und Stressabbau ein. Die non-lineare Erzählung verzeiht viel und bietet vor allem für diejenigen Spielspaß, die sich nicht einfach nicht in epischen Schlachten und aufgeregten Jump’n’Runs wiedersehen. Es bleibt ein ruhiges Entdecken seiner Umgebung. Die größte Schwäche ist gleichzeitig auch Sables größte Stärke. Die einzigartige Optik geht irgendwann auf die Augen – also bei mir war es zumindest der Fall. Zudem habe ich auch die sechs großen Gebiete relativ schnell entdeckt und erkundet. Zudem laufen die “Aufträge” immer nach dem gleichen Schema ab. Wir reisen von Punkt A nach B und zurück. Das war es dann auch. Zudem vermiesen Performance-Probleme und Bugs das Spielgeschehen. So kommt es zu konstanten Framerate-Einbrüchen, erheblichen Stottern und Textur-Glitches. Auch bei der einen oder anderen Quest werden Fehler deutlich, so lassen sich beispielsweise Knöpfe zur Aktivierung eines Rätsels nicht drücken. Hier hilft dann nur ein Neustart. Ausgereift ist das optisch anspruchsvolle Werk noch nicht, doch die Entwickler geloben Besserung und arbeiten bereits an Patches, die die Qualität im Spielablauf verbessern sollen. Auch sollen in den kommenden Monaten deutsche Übersetzungen für die zahlreichen, englischen Texte folgen. Ich selbst bin der Sprache halbwegs mächtig, hatte dennoch bei einigen Formulierungen und Wörter nachschlagebedarf. Auch dies könnte man als störend empfinden.
Fazit: Puh, Sable! Was soll ich von dir nach vielen Stunden spielen halten? Ein Spiel für Zwischendurch bist du nicht. Deine Optik ist einmalig, doch inhaltlich bist du wenig anspruchsvoll. Du setzt niemanden unter Druck, wirkst aber nach Stunden der Erkundung einschläfernd. Wenn deine Entwickler mit zahlreichen Patches dich verbessern, glaube ich, bist du tatsächlich ein gelungenes Spiel. Du gibst nicht vor, jemand anderes zu sein, du bist, was du bist. Ein Mensch, der sich einem alten Stammesritual stellt und sich in den Weiten der Wüste selbst findet. Also was bist du? Ein seichtes Abenteuer mit Fehlern, Ecken und Kanten, aber die machen dich auch wieder so besonders.
Plattform: XBOX SERIES X|S | PC
Genre: Action-Adventure Entwickler: Shedworks Publisher: Raw Fury (Erst-)Veröffentlichung: 23. September 2021
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