Ein mysteriöses Wesen wird geboren, das Maria und Ingvar wie ein eigenes Kind aufziehen. Doch das ungewöhnliche Familienglück zeigt, was Mutter Natur für Überraschungen bereithält. Zwischen romantischer Naturgewalt und skandinavischem Märchen: LAMB ist ein tief berührendes Folk-Drama, das international einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat und die Magie im Film an die Spitze treibt.
.INHALT.
Weites Land, Bergketten, endloser Himmel, ein abgeschiedenes Haus: In der überwältigend schönen isländischen Landschaft züchten Maria (Noomi Rapace) und Ingvar (Hilmir Snær Guðnason) Schafe. Sie führen ein einfaches, der Natur verbundenes Leben. Bis eines Nachts etwas Seltsames in ihrem Stall passiert: Ein Schaf gebärt ein mysteriöses Wesen, das die beiden wie ein eigenes Kind aufziehen und ihm den Namen Ada (Lára Björk Hall) geben. Das mit inniger Freude begrüßte Familienglück wird jedoch schon bald auf die Probe gestellt – denn Mutter Natur steckt voller Überraschungen…
.KRITIK.
106 Minuten unnachgiebiges Gedankenspiel auf meiner Seite, was LAMB ist und mir vielleicht auch sagen möchte. Der Film lässt diverse Interpretationsmöglichkeiten zu. Diejenigen, die ihn gesehen haben, haben sich bereits an der Ausformulierung versucht. Ich selbst werde mich nicht dazu hinreißen lassen, den Film auseinander zu pflücken. Diese Magie lass ich ihm. Magie ist auch das richtige Stichwort. Lamb ist magisch und bedient sich gleichzeitig einer einheimischen Faszination für Folklore. Skandinavische Sagen und Märchen sind eine Welt für sich, aber von ihren schauderhaften Eigenschaften gar nicht so weit von mitteleuropäischen Welten der Gebrüder Grimm & Co entfernt. Im Vordergrund stehen Maria und Ingvar, die ein einfaches Leben als Schafszüchter führen und so ihre Brötchen verdienen. Doch schon früh wird deutlich, welche Träume und Sehnsüchte in Maria und ihrem Mann keimen. Ein Kind würde das Familienglück endlich komplett machen. Aber über den Versuch hinaus passiert nichts.
Und so passiert eines Nachts ein Wunder, wenn man es als solches Bezeichnen kann. Das liegt ganz bei Euch und Eurer Interpretation. Gottes Geschenk oder Teufels Beitrag? Eine spannende Frage, auf die ich auch nach erst- und zweimaligen Schauen nicht eindeutig beantworten kann – schon gar nicht spoilerfrei. Daher eine recht neutral formulierte Meinung. Lamb ist speziell. Weit davon entfernt Mainstream zu sein. Arthouse höre ich in diesem Zusammenhang immer mal wieder und so würde ich ihn auch einordnen. Er ist Kunst und vielleicht nicht für jeden geeignet. Der Trailer allein suggeriert viel und ist an dieser Stelle auch sehr wankelmütig. Ein Drama mit zu viel Horror, ein Horrorfilm mit zu viel Drama. Regisseur Valdimar Jóhannsson hat es tatsächlich geschafft, damit gut zu jonglieren, wenngleich diese Thematik in gewisser Weise auch überfordernd wirken kann. Das Skript ist nicht frei von Fehlern, bietet aber eben viel Raum zum Spekulieren und Interpretieren. Es ist gut, gewiss. Aber irgendwas stört mich. Der Zuschauer wird seine Pros und Contras mit dem Film haben und ich kann auch verstehen, warum dieses märchenhaft anmutende Erzählung international so gefeiert wurde. Es ist die Mischung. Die Kulisse der isländischen Einöde, das stimmungslose Wetter, die ruhigen und mitunter auch verstörenden Momente, aber auch die dahintersteckende Liebesgeschichte von Maria und Ingvar, die ein wenig Licht spendet, wecken in mir eine gewisse Faszination aus.
Ja, Lamb ist nicht für jeden bestimmt, was ihn aber nicht minder gut macht. Es braucht ein bisschen Hirnschmalz und Offenheit gegenüber skandinavischer Folklore, um den Film eben auch zu verstehen und im weiteren Verlauf auch deuten zu können. Die langsame Erzählweise dürfte Spannungshungrigen ein Dorn im Auge sein, ebenso auch der stolpernde Subplot. An anderer Stelle lebt Lamb auch von seinen beiden Hauptdarstellern und einer umwerfenden Kulisse. Allein der Spagat zwischen göttlicher Fügung und dem Weg von Mutter Natur, bietet seinen Reiz – man muss sich auch drauf einlassen.
.FAZIT.
Minutenlange Stille, ein Überraschungsmoment aus der Kategorie Wunder und ein Hirtenpaar zwischen Liebe, Verantwortung und exorbitanter Verwunderung. Lamb ist ein Kunstwerk. Ein Stillstand, eine Momentaufnahme zwischen Folklore und fragwürdiger Erfüllung eines Kinderwunsches. Das Horrordrama ist einzigartig, nicht jedermanns Sache, aber umso wertvoller in seiner Erzählung und Zeichnung. Regisseur Valdimar Jóhannsson hat mit seinem Debüt viel Fingerspitzengefühl bewiesen und alles daran gesetzt, die Werte, Traditionen und Menschen der nordischen Kultur zu respektieren und cineastisch in dieses Werk einfließen zu lassen.
Originaltitel | Lamb |
Produktionsland/-jahr | Island, Polen, Schweden 2021 |
Laufzeit | 106 min |
Genre | Drama, Horror, Fantasy |
Regie | Valdimar Jóhannsson |
Drehbuch | Sjón, Valdimar Jóhannsson |
Kamera | Eli Arenson |
Kinostart | 6. Januar 2022 |
Home Entertainment | 28. April 2022 |
Verleih | Koch Films |