2012 eroberte die französische Komödie „Ziemlich beste Freunde“ weltweit die Kinos. Omar Sy und François Cluzet als ungleiches Gespann sorgten für unfassbar schöne, witzige und traurige Momente – unerreicht bis heute. Um auch ein großes Stück vom Kuchen abzubekommen, ist Hollywood berühmt dafür, sich europäische oder asiatische Stoffe einzuverleiben und sein „Remake“ daraus zu zaubern. Manchmal geht das gut, doch meistens ist es einfach nur schlecht. Aber was ist mit MEIN BESTER & ICH?

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Inhalt
Der kunstsinnige, querschnittsgelähmte Milliardär Philip (Bryan Cranston) ist auf der Suche nach einem neuen Pfleger. Seine Hausdame Yvonne (Nicole Kidman) ist ziemlich irritiert, als in der Bewerberriege plötzlich ein sehr unkonventioneller Kandidat auftaucht. Dell (Kevin Hart) ist vorbestraft und will sich eigentlich nur eine Bescheinigung abholen, dass er auf Jobsuche ist. Aber Philip entscheidet spontan, dass Dell trotzdem eine Chance bekommen soll, weil er einen ungewöhnlichen Blick auf die Welt hat und seinen potenziellen Boss – im Gegensatz zu Yvonne – nicht wie einen hochsensiblen Pflegefall behandelt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten nähern sich die beiden grundverschiedenen Männer an. Philip blüht sichtlich auf, als Dell ihn auf abenteuerliche Trips mitnimmt. Und auch Dell lässt sich auf Philips Welt ein. Die Beiden werden ziemlich beste Freunde.
(Halbe) Kritik
Til Schweiger ist das wohl prominenteste Beispiel der vergangenen Monate, das mit einem US-Remake eines deutschen Kassenschlagers eine ordentliche, fast schon legendäre, Bruchlandung hinlegte. 2014 überzeugte Schweigers gefühlvolle Tragikomödie und wurde von Kritikern und Zuschauern gefeiert. Doch nur weil es automatisch auf die Tränendrüse geht, heißt es noch lange nicht, damit auch im Ausland damit Erfolg zu haben. Doch Schweiger nahm sich selbst der Sache an, besetzte alle wichtigen Rollen mit bekannten US-Stars (u.a. Nick Nolte und Matt Dillon) und verlegte die Handlung in die USA. Sonst ist der Film eine Blaupause. Amerikaner können wenig mit synchronisierten Fassungen aus dem Europa oder Asien anfangen. So werden eben kurzerhand Lizenzen und Rechte gekauft und schwupps ein eigner Film gedreht.
EIN RIESIGER FLOP zeichnete sich bereits kurz nach Kinostart ab: Niemand wollte den Film sehen, wirklich niemand. Ein Millionenbudget verbrannt, Schweiger gedemütigt, Remakes von bereits erfolgreichen Filmen fragwürdig. Aber nun gut, Geschichte wiederholt sich und so war es fast schon abzusehen, das Ziemlich beste Freunde – dem wohl erfolgreichsten französischen Film überhaupt (meine Meinung) – auch eine amerikanisierte Neuauflage bekommt. Und kaum hat man diesen Gedanken ausgesprochen, ist sie auch schon da: MEIN BESTER & ICH.
Ich habe mich getraut, den Film zu sichten. Mein Ergebnis: Mein Bester & Ich ist in meinen Augen kein Remake im klassischen Sinne. Die Vergleiche, die man anbringen müsste, sind offensichtlich. Dennoch schwebt ein Hauch Eigenständigkeit über der Geschichte. Alles fühlt sich anders an und ist auf seine Weise komisch und speziell. Natürlich geht man mit gewissen Vorurteilen und Erwartungen an den Film, doch darf man sich davon nicht verleiten lassen. Auch wenn es schwer fällt, muss eine eigenständige Betrachtung herangezogen werden, um zu erkennen, wie unterhaltsam die US-Version doch im Kern ist. Ein grundlegenderes Problem habe ich in der Tat mit der Besetzung von Kevin Hart und etwas wohlwollender mit Nicole Kidman. Vor allem an Hart habe ich mich satt gesehen und finde ihn leider auch nur bedingt geeignet für die Rolle. Als Zugpferd hätte man allein auf Bryan Cranston setzen können, dessen Darbietung gewohnt gut und aussagekräftig ist. Ihm hätte man somit folglich einen weniger bekannten, unverbrauchten aufstrebenden Darsteller an die Seite stellen müssen. Somit wäre es ausgeglichener und die Handlung nachvollziehbarer. Identifikation spielt hierbei eine große Rolle, die man beim Filmemachen nicht unterschätzen sollte.
Warum ich aber am Ende doch nicht unzufrieden war, liegt allein daran, dass ich den Film – wie bereits erwähnt – nicht als Remake gesehen habe. Ich lege euch nah, dies auch zu tun und den Film auf eine andere Art Beachtung zu schenken – trotz übermächtigen Original. Ob ihr danach nun der Meinung seid, es passt nicht, dann passt es nicht. Aber es gibt immer zwei Seiten einer Medaille und die glänzt meistens auch.
Fazit: Der besondere Film zu einem französischen Comedy-Klassiker. Eigene Handschrift, unsauber, aber verständlich. Mein Bester & Ich hat seine Momente und Schauwerte, bewegt sich aber im Schatten seines Vetters. Kevin Hart und Bryan Cranston im Zusammenspiel ist solide, Kidman wirkt deplatziert und eine namenhafte Hauptfigur hätte gereicht, um mehr Glaubwürdigkeit zu generieren und um wesentlich individueller sich nach Außen zu präsentieren. Vielleicht hätte es auch einen feinfühligeren Regisseur gebraucht, aber “hätte hätte, Fahrradkette”. Bildet euch selbst eine Meinung, aber seid nicht zu vorschnell in eurer Einschätzung.
Originaltitel: The Upside Produktionsland/-jahr: US 2017 Laufzeit: 126 min Genre: Drama, Komödie Regie: Neil Burger Drehbuch: Jon Hartmere Kamera: Stuart Dryburgh Kinostart: 21. Februar 2019 Home Entertainment: 28. Juni 2019 Verleih: Filmwelt/Universum Film
(Quelle: Mein Bester & Ich)
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