Die durch die Hölle gehen

DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN | Zwischen Krieg gegen alle und Frieden mit sich selbst

Michael Ciminos fünffach ausgezeichneter Oscar®-Film DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN ist ein schonungslos hartes Meisterwerk. Eindringlich beschreibt er die Unmenschlichkeit des Krieges und skizziert eine wahnsinnig gewordene Welt, in der die Menschen fast alles verloren haben.

THE DEER HUNTER

© Weltkino

Inhalt

Die Freunde Nick (Christopher Walken) und Michael (Robert De Niro) feiern an ihrem letzten Tag in Freiheit die Hochzeit ihres Kumpels Steven (John Savage). Am nächsten Tag treten die drei ihren freiwilligen Militärdienst in Vietnam an. Bereits nach kurzer Zeit in der dortigen Hölle geraten sie in Gefangenschaft der Vietcong, die mit ihnen ein sadistisches Russisch-Roulette spielen. Schließlich gelingt ihnen die Flucht, doch der Krieg hinterlässt bei den Freunden tiefe Spuren.

Kritik

Drei Stunden Wahnsinn, drei Stunden zwischen Freud und Leid, drei Stunden zwischen Hoffen und Bangen. Michael Ciminos hat einige Jahre verstreichen lassen, bevor er sich an die Aufarbeitung des Vietnam-Kriegs machte. Dabei steht nicht die gesamte schreckliche Bandbreite im Mittelpunkt, sondern drei ganz persönliche Geschichten. Doch das macht DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN nicht weniger schockiert – im Gegenteil. Erst dadurch erlangt es sein preisverdächtiges Antlitz. Damals und heute eigentlich auch, wird es als Skandalwerk bezeichnet. Ciminos statuiert an den drei Hauptcharakteren ein bestialisches Exempel. Er setzt sie ungeahnten Schmerzen aus und zeigt damit die Abgründe menschlichen Seins auf. Doch besitzt der Film neben einer umfangreichen Charakterstudie auch jede Menge Kritik in der die Machenschaften hochrangiger Funktionäre, das System und der Mensch selbst konsequent hinterfragt werden. Wenngleich es nicht meine Zeit war und ist, so besitzt er dennoch eine gewisse Aktualität. Denn Krieg gibt es länger als Frieden auf dieser Welt.

Die unterschiedlichen Kriege werden gerne als Schauplatz für imposante Filme genutzt und auch der Vietnamkrieg hat so einige Male den Weg auf die Leinwand gefunden. Und gerade Rambo dürfte rein auch von der psychischen Ebene ein prominenter Vergleich sein. Krieg verändert schließlich die Menschen, macht aus Männern gebrochene Seelen. Und eben diese Entwicklung verdeutlicht Ciminos auf umfangreiche Weise. Drei normale Freunde denken sich nichts schlimmes dabei, in den Krieg zu ziehen (sie tun es auch noch freiwillig) und kehren als Schatten ihrer blühenden Jugend wieder zurück. Nichts ist mehr so, wie es einmal war. Traurig und leer sind nun ihre Leben. Ja, dafür nimmt sich Ciminos viel Zeit… teilweise auch viel zu viel. Allein die über eine Stunde vorangehende Einführung der Charaktere fällt in meinen Augen zu lang aus. Schön ist der Blick in die einzelnen Vorgeschichten, was für Menschen wir da eigentlich gleich in den Abgrund begleiten, doch hätte man dies wirklich auf das Wesentliche reduzieren können. Im Kontrast dazu das ganze Ausmaß an Grausamkeit, gebündelt in einer Szene, in der die Helden russisches Roulette spielen müssen – emotional, ergreifend, dramatisch. Selbst ein harter Kerl, der viel gesehen hat, dürfte da ordentlich schlucken. Aufgefangen wird man aber durch einen Cast, der es schon für damalige Verhältnisse in sich hatte: Robert De Niro, Christopher Walken oder Meryl Streep sind noch heute dicke Fische im Hollywoodbecken. Aber dennoch können sie nicht ganz darüber hinwegtrösten, dass der Film mit drei Stunden einen Tick zu lang ist. Auch mit weniger Laufzeit wäre er noch immer ein erschreckender Epos über Krieg, Menschsein und Aufarbeitung.

Fazit: Zwischen Krieg gegen alle und Frieden mit sich selbst. Ein schonungsloses Machwerk, zurecht ausgezeichnet, zurecht atemberaubend, zurecht begleitet von heftiger Kritik. Wie rigoros darf Krieg dargestellt werden? Darf den Menschen auf diese Weise ihre Verfehlungen aufgezeigt werden? Jeder muss seine eigene Meinung dazu finden. Ich tat mich schwer überhaupt den Film in irgendeiner Form zu bewerten. Kriegsfilme sollte eigentlich generell keiner Bewertung unterzogen werden, schließlich bewegen sie sich meist auf einer wahrheitsgemäßen Ebene, denn Krieg gibt es immer noch und hat an Grausamkeit nie verloren. Also warum das im Film bewerten? Bewerten lässt sich nur die Interpretation der Darsteller einer Figur, die gefangen ist in diesem Krieg und das haben De Niro, Walken und Savage auf beeindruckende Weise geschafft. Davor ziehe ich meinen Hut und resümiere noch ein wenig darüber, was ich soeben gesehen habe. 

FSK ab 16 (blau)Originaltitel:           The Deer Hunter
Produktionsland/-jahr:   US 1978
Laufzeit:                183 min
Genre:                   Drama, Kriegsfilm

Regie:                   Michael Cimino
Drehbuch:                Deric Washburn
Kamera:                  Vilmos Zsigmond

Kinostart:               8. März 1979 (BRD)
Home Entertainment:      13. Dezember 2019 (4K Remastered)

Verleih:                 Weltkino Filmverleih

 

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