Mit LINIE 1 wagte sich Regisseur Reinhard Hauff an die Verfilmung eines jahrelang in Berlin ausverkauften und bundesweit aufgeführten Musical-Theaters, für das er zugleich das Drehbuch schrieb. Es entstand eine schrille, verrückte Großstadt-Geschichte mit Dieter Landuris, Inka Groetschel und Petra Zieser in den Hauptrollen und Hits wie „Wilmersdorfer Witwen“, „Fahr mal wieder U-Bahn“ und „Gegenüber“.
.INHALT.
Es war so abgemacht: Wenn sie es zuhause nicht mehr aushält, soll sie einfach zu ihm nach Berlin kommen. So hatte Rockstar Johnnie (Johannes Kirsch) es Sunnie (Inka Groetschel) versprochen. Und deshalb steht Sunnie jetzt ziemlich verloren am Berliner Bahnhof Zoo, vor ihren Augen der ganz normale Großstadt Wahnsinn: Penner, Punks und Nachtschwärmer, dazwischen Menschen auf dem Weg zur Arbeit. Die junge Ausreißerin nimmt die U-Bahn Linie 1 nach Kreuzberg, wo Johnnie angeblich wohnen soll. Auf ihrer Fahrt lernt sie die schillerndsten und abgedrehtesten Typen der Metropole kennen und schließt neue Freundschaften. Wird sie mit Hilfe von Bambi (Dieter Landuris) und Maria (Ilona Schulz) ihren Traumprinzen finden?
.KRITIK.
“Geht’s hier nach Kreuzberg?”
Ein Musical, was uns Kinder in den 90ern intravenös verabreicht wurde. LINIE 1 galt als fester Bestandteil des Lehrplans. Einerseits um die Geschichte eines geteilten Berlins wohl musikalisch zu verinnerlichen, aber auch den sozialkritischen Geist von damals besser zu verstehen. Berlin und seine Kotter Schnauze. Berlin und seine U-Bahn. Berlin und seine Menschen. Berlin mit der Linie 1 erfahren.
Das Musical, was bis heute im Grips Theater im Berlin-Tiergarten aufgeführt hin, lockt noch immer zahlreiche Schulklassen in die Vorstellungen. Leider hat Corona dem Ganzen stark zugesetzt, doch verdient es noch immer die große Bühne. Doch während das Musical von Volker Ludwig in den 80er Jahren deutschlandweit auf Eroberungszug war, machte es sich der ambitionierte Filmemacher Reinhard Hauff zur Aufgabe, dieses Stück Berliner Geschichte – was im Grunde auch Bestandteil der deutsch-deutschen Teilungshistorie ist – in einen Film zu bannen. Und das ist ihm mehr als gelungen.
Ich vergleiche Linie 1 an dieser Stelle gerne mit West Side Story. Es wird gelacht, geweint, geliebt und getanzt. Unser ganz eigene Interpretation. Wahrschlich wohnt aber in der Verfilmung nicht so viel Glanz inne. West-Berlin war besonders. Die Fahrt mit der Linie 1 bis an die Grenze zum Schlesischen Tor für Ausstehende ein Kulturschock. Punks, Türken und der Inbegriff des Ur-Kreuzbergers kreuzen in den Kleinprofilzügen nicht selten den Weg mit uns. So war Berlin damals und ist sogar noch bis heute. Reinhard Hauff hat mit viel Liebe, den bekannten Songs und einer einzigartigen Liebesgeschichte, das Kultmusical auf die Leinwand gebracht. Vor allem die Bühnenbilder, die Choreografien und der gesamte Flair ist gemacht für die Ewigkeit.
Als Berliner ist dieses Musical live auf der Bühne, aber auch als Film ein Must-see. Es gehört zu uns und verkörpert den damaligen Zeitgeist. Wenngleich die Teilung 30 Jahre hinter uns liegt und auch so, sich dann doch vieles verändert hat, so ist es eine willkommene Zeitreise. Sie macht Spaß, sorgt für Kopfschütteln und kickt die guten Erinnerungen.
.FAZIT.
Berlins eigene West Side Story! Linie 1 ist Kult und auch wenn der Film in die Jahre gekommen ist, so fährt die U1 noch immer fleißig ihre Runden Richtung Schlesisches Tor und darüber hinaus. Eine Reise durch Kreuzberg, wo unsere Ausreißerin Sunnie die große Liebe finden will. Für mich als Berliner ist das ein besonderes Kulturgut und obwohl ich das Stück auf der Bühne schon drei- oder viermal gesehen habe, werde ich nicht müde, mir es auch Zuhause immer wieder anzusehen. Es macht Spaß. Auch wenn ich gerade erst anfing Laufen zu lernen, so gibt der Film und das gesamte Stück ein warmes Gefühl. Man kann halten von den Berlinern, was man will, cool sind sie dann am Ende des Tages irgendwie doch (mit einem Augenzwinkern).
Originaltitel | Linie 1 |
Produktionsland/-jahr | Westdeutschland 1988 |
Laufzeit | 99 min |
Genre | Musical, Romanze, Drama |
Regie | Reinhard Hauff |
Drehbuch | Volker Ludwig, Reinhard Hauff |
Kamera | Frank Brühne |
Kino | 11. Februar 1988 (Westdeutschland) |
Home Entertainment | 25. August 2022 (4K restauriert) |
Verleih | STUDIOCANAL / Arthaus |
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