Nach ihrem überaus erfolgreichen Kurzfilm mit demselben Titel, erzählt Regisseurin Carlota Pereda die Geschichte in ihrem blutigen Langfilmdebüt fort und schreckt dabei auch nicht vor drastischen Gewaltszenen zurück. In PIGGY vereint sie das Beste aus schwarz-humorigem spanischen Horror, Revenge-Thriller und authentischem Coming-of-Age.
.INHALT.
Nicht jeder liebt die Sommerzeit. Für die übergewichtige Sara (Laura Galán) bedeutet „Sommer“ nur, dass sie ständig mit dem Gelächter, den Urteilen und Beschimpfungen der Schulschönheiten zu kämpfen hat. Doch dann taucht ein mysteriöser Unbekannter im Dorf auf und plötzlich sind Saras Peinigerinnen spurlos verschwunden. Endlich scheint sich jemand für sie einzusetzen. Sara ist die einzige Zeugin der brutalen Tat; ein wortloser Pakt, den keiner von beiden verraten wird, ist geschlossen. Das Verbrechen erschüttert das Dorf und bald beginnen die Ermittlungen. Doch anstatt Licht ins Dunkel zu bringen, setzt Sara alles daran, die Spuren zu verwischen.
.KRITIK.
Mit ihrem Kurzfilm Cerdita setzte die spanische Filmemacherin Carlota Pereda ein eindrucksvolles Ausrufezeichen. Die nationalen, aber auch internationalen Stimmen waren voll des Lobes. Themen wie Mobbing und Bodyshaming derart konsequent mit einem packenden Horrorthriller zu paaren, ist mutig und gewinnbringend. Und da ist es nun mal auch nicht selten, dass sich aus einer kleinen, feinen Kurzgeschichte mehr entwickelt.
Pereda hat ihr eigenes Werk erweitert, aber tatsächlich dadurch nicht besser gemacht. Als Kurzfilm funktionierte der Film eindringlicher und war wesentlich konzentrierter sowie effektiver. PIGGY in seiner Langform hat aber dennoch seinen Reiz, denn wir verbringen mit der Hauptakteurin Sara zwangsläufig mehr Zeit. Wir sind näher dran, erleben die ruhigen und extremen Momente. Von der alltäglichen Diskriminierung bis hin zu einer Leitfigur in einem grauenvollen Verbrechen. Pereda stattet Sara mit sehr viel persönlicher Bürde aus. Sie muss sich vielen “Gefahren” stellen und gleichzeitig zu sich selbst finden. Viel Stoff für eine junge, übergewichtige Frau, die einfach nur dazu gehören möchte.
Darin liegt auch die größte Stärke von Piggy. Dieser permanente Twist und Genresprung. Wir sind in einem Augenblick gefangen in einer schwarzhumorigen Klamotte und müssen kurz darauf mit einem intensiv geführten Horrorfilm vorlieb nehmen. Dazwischen: Thriller, Drama und Coming-of-Age vom Feinsten. Man muss an dieser Stelle festhalten. Das erste Drittel gehört zum stärksten Abschnitt des Films. Hier fühlt sich auch alles an, wie Peredas gleichnamiger Kurzfilm. Danach verliert sich der Film etwas und gibt viel Kontrolle her. Längen schleichen sich ein und auch einige Plotentscheidungen wirken deplatziert. Das muss sich Pereda vorwerfen. Doch der Mut und die Ambitionen, die sie mit Piggy verfolgt hat, sind mehr als löblich und sehenswert. Piggy ist generell ein Geheimtipp, der für echte Liebhaber ist. Ich hatte großen Spaß. Wer zudem den Kurzfilm nicht kennt, hat auch nicht wirklich was zum Vergleichen und kann sich unbefangen unterhalten lassen. Den Schauwerte hat der Film genügend und mit Laura Galán eine hervorragende Darstellerin in der ersten Reihe.
.FAZIT.
Unbequem, schockierend, wichtig: Carlota Pereda verleiht ihrem Kurzfilm im wahrsten Sinne des Wortes mehr Fülle und verliert dadurch den Fokus mit zunehmender Spieldauer aus den Augen. Doch als Wandervogel zwischen den Genres bietet Piggy dem Zuschauer viele Gelegenheiten des Staunens, des Mitfühlens und des Gruselns. Ein Film, der nicht wehtut, wenn man ihn sieht, sofern man sich auf all seine Themen und Kontroversen einlässt.
Originaltitel | Cerdita |
Produktionsland/-jahr | Spanien 2022 |
Laufzeit | 99 min |
Genre | Drama, Horror, Thriller |
Regie | Carlota Pereda |
Drehbuch | Carlota Pereda |
Kamera | MacGregor |
Kino | 7. September 2022 (Fantasy Filmfest) |
Home Entertainment | 2. Dezember 2022 |
Verleih | Pierrot le Fou |
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