Gabriele Mainetti begibt sich mit seinem neusten Film FREAKS OUT in die Zirkusmanege, darin kämpfen Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten gegen Nazis.
.INHALT.
Sie sind eine Laune der Natur und durch ihre Superkräfte die größte Attraktion im Zirkus: ein magisch begabter Albino, ein magnetischer Zwerg, ein Wolfsmensch mit übermenschlichen Kräften und eine elektrisierende Tänzerin. Als die Deutschen 1943 in Rom einmarschieren und ihr Zirkusdirektor und Ziehvater Israel (Giorgio Tirabassi) auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit spurlos verschwindet, beginnt für Cencio (Pietro Castellitto), Mario (Giancarlo Martini), Fulvio (Claudio Santamaria) und Matilde (Aurora Giovinazzo) eine bizarre Odyssee durch die vom Krieg zerrissene, ewige Stadt. Die Vier müssen gemeinsam ums Überleben kämpfen und hoffen, im Zirkus Berlin eine neue Heimat gefunden zu haben. Doch der Zirkusdirektor und fanatische Nazi Franz (Franz Rogowski) hat es auf ihre Superkräfte abgesehen, um eine Niederlage der Nazis zu vereiteln.
.KRITIK.
In Zeiten, in der Superhelden an Bäumen wachsen, hat der gefeierte italienische Regisseur Gabriele Mainetti eine kleine Oase geschaffen. Wo andere sich bereits satt gesehen haben an Marvel und DC, sorgt Mainetti für ein erfreuliches Ausrufezeichen. Mit FREAKS OUT schafft er unweigerlich eine Kampfansage an die Großen. Obwohl die Welt neben Superhelden und Mutanten kennt, so hat sie diese in diesem Setting, mit dieser Motivation, mit diesen Absichten, mit diesem Streben noch nie gesehen. Freaks Out entführt das Publikum in eine fesselnde Welt, in der die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen. Der Film nutzt das Setting des Zweiten Weltkriegs, verortet die Handlung ins anmutende Rom und kombiniert es mit einer Gruppe von Zirkuskünstlern, die “übernatürliche” Fähigkeiten besitzen. Diese ungewöhnliche Prämisse verspricht eine einzigartige und eindringliche Geschichte. Mainettis neuster Streich – quasi!
Und da wären wir. Rom, ein geschichtsträchtiger Schauplatz. Ein Ort, an der des Öfteren Geschichte geschrieben wurde und nach wie vor wird. Im Augenblick des Films kämpfen vier “Freaks” ums Überleben. Und eben dieser (fiktive) Kampf stellt eben alles auf den Kopf und hat in dieser erzählten Welt einen Eintrag in die Geschichtsbücher verdient. Die Außenseiter stellen sich einen scheinbar übermächtigen Feind und schaffen es, mit vereinten Kräften sich dagegen zu lehnen. Das ist so zielstrebig und hoffnungsvoll, ob für mich als fast schon geplagter deutscher Zuschauer ein erneutes Nazi-Kriegs-Setting doch recht ermüdend ist. Doch Mainetti schafft es eben, diesen nicht so trostlos und nach Schema-F zu inszenieren. Er fügt der Geschichte eben diese starken Charaktere hinzu. Die X-Men des Zweiten Weltkrieges. Und diese vermeintliche Andersartigkeit auf so vielen Ebenen macht den Film so unglaublich sehenswert. Doch damit nicht genug…
Die visuelle Gestaltung ist zudem sehr beeindruckend. Die Kameraarbeit fängt sowohl die Schönheit als auch die Zerstörung des Krieges ein und schafft eine Atmosphäre, die den Zuschauer in den Bann zieht. Die Darstellung der Superkräfte der Zirkuskünstler ist gut umgesetzt und trägt zur Magie des Films bei. Die Kulissen und Kostüme sind detailliert und fangen das historische und surreale Element der Handlung ein. Man merkt an allen Ecken und Enden: hier kam kein Mikro-Budget zum Einsatz. Mit stolzen 12 Millionen Euro hat Mainetti das Maximum herausgeholt.
Und mit dieser Charakterstärke, dem visuellen Erscheinungsbild, dem Set-Design und der Handlung, die eine Mischung aus Abenteuer, Drama und Fantasy ist, punktet der Film auf ganzer Linie. Der Film kombiniert geschickt die alltäglichen Herausforderungen des Krieges mit den außergewöhnlichen Fähigkeiten der Zirkuskünstler. Dadurch entsteht eine fesselnde Erzählung, die man so eher selten sieht. Der Film behandelt auch ernsthafte Themen wie Machtmissbrauch, Widerstand und die Suche nach Identität und Freiheit. Doch trotz dieser Fülle an Eindrücken wirkt er keine Zeit überfrachtet. Ausbalanciert und fast frohlockend lädt er zum Schauen ein.
.FAZIT.
Ein faszinierender Film, der durch seine visuelle Gestaltung und seine ungewöhnliche Prämisse besticht. Obwohl die Handlung gelegentlich verworren sein kann, überzeugt der Film durch seine vielschichtigen Charaktere und die gelungene Kombination von Kriegsdrama und Fantasy-Elementen. Fans von unkonventionellen Geschichten werden von diesem visuell ansprechenden und emotional packenden Film sicherlich begeistert sein. Und gerade diejenigen, die bei Marvel und DC eine Übersättigung verspüren, ist das die passende Diät.
Originaltitel | Freaks Out |
Produktionsland/-jahr | Italien, Belgien 2021 |
Laufzeit | 141 min |
Genre | Abenteuer, Drama, Fantasy |
Regie | Gabriele Mainetti |
Drehbuch | Nicola Guaglianone, Gabriele Mainetti |
Kamera | Michele D’Attanasio |
Kino | 7. September 2022 (Fantasy Film Fest) |
Home Entertainment | 23. Juni 2023 |
Verleih | SquareOne Entertainment |
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