5 Millionen begeisterte Zuschauer sind eine Ansage. Grund genug, sich den Film nach verpassten Kinostart – getreu dem Motto: “Wir bleiben Zuhause” – zu widmen. DAS PERFEKTE GEHEIMNIS auf dem Prüfstand. Wie viel Kritik vertragen Filmemacher?

© Constantin Film
Inhalt
Drei Frauen. Vier Männer. Sieben Telefone. Und die Frage: Wie gut kennen sich diese Freunde und Paare wirklich? Als sie bei einem Abendessen über Ehrlichkeit diskutieren, entschließen sie sich zu einem Spiel: Alle legen ihre Smartphones auf den Tisch, und alles, was reinkommt, wird geteilt. Nachrichten werden vorgelesen, Telefonate laut mitgehört, jede noch so kleine WhatsApp wird gezeigt. Was als harmloser Spaß beginnt, artet bald zu einem emotionalen Durcheinander aus – voller überraschender Wendungen und delikater Offenbarungen. Denn in dem scheinbar perfekten Freundeskreis gibt es mehr Geheimnisse und Lebenslügen, als zu Beginn des Spiels zu erwarten waren.
Kritik
Ich sorge zu Beginn meiner mehrteiligen Kritik erstmal für einen großen Moment, indem ich ein großes Geheimnis ausplaudere: Ich habe als Mann Doctor’s Diary geschaut und es hat mir gefallen. Jetzt geht es mir nach der Beichte gleich besser. Ja, auch als Mann kann ich den 3. Staffeln nahezu nur Positives abgewinnen. Es war gleichzeitig auch die Geburtsstunde meines Fan-Daseins für Autor Bora Dagtekin. Perfektioniert wurde das mit eigentlich zuvor erschienenen Türkisch für Anfänger und fand seinen Höhepunkt schließlich mit Fack ju Göhte. Danach verlor ich den Autorenfilmer ein wenig aus den Augen, weil vor allem seine darauffolgenden Werke (konkret spreche ich von Zeki Müller Teil 2 und 3) mich nur noch bedingt abholten.
Ich wartete somit gespannt auf sein neustes Werk: DAS PERFEKTE GEHEIMNIS. Ein Kammerspiel mit der Creme de la Creme der deutschen Schauspielzunft. Darunter auch Boras Wiederholungstäter Karoline Herfurth, Jella Haase und Elyas M’Barek, die seit Jahren mit dem gebürtigen Hannoveraner zusammenarbeiten. Dazu gesellen sich ein Wotan Wilke Möhring, Frederick Lau, Florian David Fitz und Jessica Schwarz (schön sie mal wieder in einer großen Kinorolle zu sehen). Alle zusammengepfercht auf engsten Raum müssen sie ihrer Freundschaft einen enormen Stresstest unterziehen. Nicht Flaschendrehen oder Monopoly sorgt hier für die Fallhöhe, sondern ein von Therapeutin Eva vorgeschlagenes Spiel: ein Abend, alle Handys auf den Tisch und jede eingehende Nachricht oder Anruf wird laut vorgelesen oder gestellt. Mehr gibt es dann auch schon eigentlich nicht zu sagen, den Tiefgang lässt Dagtekin diesmal vermissen. Die meisten Figuren, allen voran die männlichen Protagonisten in der Runde bleiben oberflächlich. Einzig Eva, Bianca und Carlotta gewähren uns mehr Einblick in ihre Psyche. Viele Konstellationen untereinander bleiben nur grob angerissen und lassen Aufklärung vermissen. Hier wären die eine oder andere Information sicherlich förderlich gewesen. Zu mindest sehe ich diese als notwendig an, um den Film in seiner Tragweite noch besser zu verstehen. Es bleibt aber für mich das einzige tatsächliche Manko an diesem Film, denn Dagtekin verlässt erfrischender Weise seinen gewohnten Pfad.
Humor bleibt nicht auf der Strecke, wird aber im weiteren Verlauf durch melodramatische Züge abgelöst. Dadurch erinnert der Film zunehmend an Dagtekins Serienanfänge, die vergleichbare Muster enthielten. Dadurch hebt sich der Film ab, schafft dadurch aber kaum, eine Wohlfühlatmosphäre aufzubauen – was er aber auch partout nicht muss. Denn genau dieses beklemmende Gefühl, etwas liegt in der Luft und wer offenbart sich als nächstes, halten eine gewisse Spannung aufrecht. Genau das macht Das perfekte Geheimnis so anders. Gerade im gesellschaftlichen Kontext fließen wichtige und prägnante Themen wie Homosexualität, Freundschaft und Liebe ein. Wie belastend es ist, allen Pfeiler der Gesellschaft zu stützen. Die Jagd nach Respekt, Anerkennung und Bestätigung kommen dadurch ebenfalls massiv zum Tragen. Es ist ein Kammerspiel par excellence, angetrieben von Misstrauen und fehlender Nächstenliebe. Wie viele Geheimnisse verträgt eine Freundschaft? Eine gute Frage, zum Nachahmen nur bedingt empfohlen.
Fazit: Bora Dagtekin hat es wieder getan – erfolgreich zu sein, mit dem was er tut. Der Autorenfilmer weiß, was das Publikum sehen will, auch wenn er dafür seine Protagonisten an ihre Schmerzgrenze bringt. Das perfekte Geheimnis ist witzig, mutig, inspirierend, dramatisch und schlitzohrig – Eigenschaften, die deutsche Filme en masse haben sollten, denn dann werden sie auch mal gut. Nicht war, Herr Schweiger?
Originaltitel: Das perfekte Geheimnis Produktionsland/-jahr: DE 2019 Laufzeit: 111 min Genre: Komödie, Drama Regie: Bora Dagtekin Drehbuch: Bora Dagtekin Kamera: Moritz Anton Kinostart: 31. Oktober 2019 Home Entertainment: 2. April 2020 Verleih: Constantin Film
(Quelle: Constantin Film)
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