FABIAN ODER DER GANG VOR DIE HUNDE | Drei sehnsüchtige Stunden zwischen Traum und Rausch

In FABIAN – ODER DER GANG VOR DIE HUNDE holt den Protagonisten das Schicksal immer wieder ein und das Publikum verfolgt gespannt und mitfühlend, wie der Gang vor die Hunde seinen Lauf nimmt.

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Inhalt

Berlin, 1931. Jakob Fabian (Tom Schilling) arbeitet tagsüber in der Werbeabteilung einer Zigarettenfabrik und driftet nachts mit seinem wohlhabenden Freund Labude (Albrecht Schuch) durch Kneipen, Bordelle und Künstlerateliers. Als Fabian die selbstbewusste Cornelia (Saskia Rosendahl) kennenlernt, gelingt es ihm für einen kurzen Moment seine pessimistische Grundhaltung abzulegen. Er verliebt sich. Doch dann fällt auch er der großen Entlassungswelle zum Opfer, während Cornelia dank ihres Chefs und Verehrers Karriere als Schauspielerin macht. Ein Arrangement mit dem sich Fabian schwer abfinden kann. Aber nicht nur seine Welt gerät aus den Fugen.

Kritik

Aufregend, aufwühlend, ehrlich – FABIAN ODER DER GANG VOR DIE HUNDE ist, das wirft man ihn bedingungslos vor, aktueller als man glaubt. Erich Kästner hat den Geist von Berlin 1931 umfangreich, nah und angemessen in der Person Fabian gespiegelt. Ein Mann, ein Moralist, der Entscheidungen nicht selbst trifft, sondern sie vom Leben treffen lässt. Im Sog aus Optimismus und Pessimismus muss Fabian erkennen, wie die Welt um ihn herum tickt und welche Rolle Moral in der damaligen Gesellschaft spielt. Doch damals ist auch heute kaum von der Hand zu weisen. Alles dreht sich um Moral. Welche Rolle und Bedeutung sie einnimmt. Fabian muss also schnell erkennen, welche Kraft von ihr ausgeht und anfangen, mit ihr in Harmonie oder Streit zu leben. Dominik Graf inszeniert dieses berauschende Fest in satten drei Stunden und selbst das erscheint nicht überheblich. Es bedarf einer solchen Ausgiebigkeit, schließlich gibt es viele Höhen und Tiefen zu erzählen. Und um das Leben in vollen Zügen abzubilden, ist es eben von Nöten. Besonders beeindruckend ist das Spiel mit den Stilen. Ein willkürlicher Erzähler schaltet sich ein, wenn es ihm recht ist, reichhaltige Schnittfolgen und nebeneinanderlaufende Bildausschnitte sorgen für eine umfangreiche Dynamik. Berlin als Hexenkessel. Als Ort der Sehnsucht und Sünde. Alles profitiert voneinander und Graf hat mit Tom Schilling jemanden in der Rolle, der weiß, solche komplexen Charaktere in solchen Zeiten auch angemessen zu verkörpern. Und so kann man nur noch hinzufügen, dass Fabian oder Der Gang vor die Hunde seinen Tribut fordert, über Gott und die Welt, über die Gesetze und das System nachzudenken. Ein Wechselbad zwischen Rausch, Traum, Wahrheit, Realität und Fiktion. Großes deutsches Kino in Reinform. 

Fazit: Schmerzhaft, anstrengend, vehement – Fabian oder Der Gang vor die Hunde ist in seiner Bandbreite einzigartig. In ihm wohnt ein Kästner in der Blütezeit seines Schaffens, der dem Leben ein Werk hinterließ, dass an Aktualität kaum zu übertreffen ist. Fabian als Sinnbild, als Exempel, ist perfide, aber echt. So ist das Leben. Zwischen Moral und Amoral. Zwischen Fairness und Ungerechtigkeit. Jeder muss seinen Platz finden und Entscheidungen treffen oder treffen lassen. Tja, und Fabian hat eigentlich nie wirklich eine Wahl oder vielleicht doch?

FSK ab 12 (grün)Originaltitel:           Fabian oder Der Gang vor die Hunde
Produktionsland/-jahr: DE 2021 Laufzeit: 176 min Genre: Drama Regie: Dominik Graf Drehbuch: Dominik Graf, Constantin Lieb, Erich Kästner (Buch) Kamera: Hanno Lentz Kinostart: 5. August 2021
Home Entertainment: 14. Januar 2021

Verleih: DCM

 

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