die-anfangerin

DIE ANFÄNGERIN | Man ist nie zu alt, um zu träumen

Noch mit Ende 50 steht die Ärztin Annebärbel ganz im Schatten ihrer dominanten Mutter. Aus deren Ansprüchen, aber auch aus der eigenen Verbitterung befreit sie sich erst, als sie nach Jahrzehnten wieder mit dem Eiskunstlaufen beginnt.

die-anfangerin_1

© farbfilm verleih

Inhalt

Als Kind träumte die 58-jährige Annebärbel Buschhaus (Ulrike Krumbiegel) davon, Eiskunstläuferin zu werden. Doch sie schlug einen anderen Weg ein, wurde erfolgreiche Ärztin. Wirklich glücklich ist Annebärbel damit jedoch nicht: Ihren Job erledigt sie routiniert und wenig einfühlsam, auch die Ehe mit ihrem Mann Rolf (Rainer Bock) ist lieblos. Das einzige, was in Annebärbels Leben wirklich zählt, ist die Meinung ihrer perfektionistischen Mutter und Vorgängerin in der Praxis Irene (Annekathrin Bürger) – wobei Annebärbel ihre alte Mama allerdings nie zufrieden stellen kann. Als sie schließlich von ihrem Mann verlassen wird, setzt sie zufällig wieder einen Fuß in die Welt des Eiskunstlaufens und beschließt kurzerhand, sich erneut die Schlittschuhe anzuschnallen. Sie ist glücklich, findet in der Berliner Jugendmeisterin Jolina (Maria Rogozina) eine Vertraute – trifft aber eines Tages auf die etwa gleichaltrige Eiskunstlauf-Weltmeisterin aus den Siebzigern, die von Annebärbels Mutter stets vergöttert wurde: Christine Stüber-Errath (als sie selbst). Alte Wunden reißen auf…

Kritik

Wolke 9 zeigte mit viel Mut, dass das Alter kein Hindernis sein darf, nochmal neue Dinge zu wagen und auszuprobieren. Seit dem ist Coming-of-Age keine Frage des Alters, sondern vielmehr der menschlichen Bestrebungen. Habe ich alles im Leben erreicht, was ich erreichen wollte oder brauch ich mit Ende 50 nochmal einen Tapetenwechsel und traue mich. Dabei hätte man kaum eine elegantere Lösung für diese Thematik finden können, als die Geschichte einer Ärztin, die eigentlich Eiskunstläuferin sein will. Die größte Barrikade ist jedoch ihre perfektionistische Mutter, die ihr das Leben vorgibt und keinen Raum für individuelle Entfaltung ließ. Erst vor dem Rentenalter bezieht sie den Mut, ihrer Mutter die Stirn zu bieten und allen zu zeigen, dass es fürs Träumen niemals zu spät ist. Dass DIE ANFÄNGERIN trotz tiefgründiger Erzählung gar nicht so dramatisch ist, wie die Handlung vermuten lässt, ist es der enorm gut platzierten Ironie und dem Sarkasmus zu verdanken, warum hier die fetzigen Dialoge so humorvoll zünden. Eine Komödie im Herzen, eine überwundene Midlife Crisis nach Außen. Sie überwindet ihr Kindheitstrauma vom Eiskunstlaufen und lässt uns unverwechselbar daran teilhaben. Ulrike Krumbiegel ist eine so facettenreiche Darstellerin und verleiht ihrer geschundenen Annebärbel den Spirit, um überhaupt so erfolgreich zu sein. Die Anfängerin ist ein Film unter dem Radar vieler Kinozuschauer, doch seid selbst mutig und gibt dieser Frau eine Chance.

Fazit: Ein Appell an diejenigen, die Zweifel haben und den nötigen Anstoß brauchen, um ihr Leben gegebenenfalls neu zu ordnen. Alter spielt eben keine Rolle und auch mit Ende 50 kann man einen Tapetenwechsel vollziehen und das machen, worauf man Lust hat. Ein schöner Debütfilm von Alexandra Sell, die viel Feingefühl beweist und dabei die Komik nicht vergisst.

FSK ab 0 (weiß)Originaltitel:           Die Anfängerin
Produktionsland/-jahr:   DE 2017
Laufzeit:                98 min
Genre:                   Komödie

Regie:                   Alexandra Sell
Drehbuch:                Alexandra Sell
Kamera:                  Kolja Raschke

Kinostart:               18. Januar 2018
Home Entertainment:      20. Juli 2018

Verleih:                 farbfilm verleih

(Quelle: farbfilmverleih)